Helden der Neuen Zeit: Armand Colard

Cleanvest - der Mann mit der weißen Weste

Mit Cleanvest will Armand Colard die Welt der Finanzen revolutionieren: Werte & Geld in Einklang bringen, ganz ohne side-effects. Wir haben den Gründenker zum
Interview getroffen.

CHI: Armand, wie bist du auf die Idee gekommen, dich mit nachhaltigem Investment zu beschäftigen?

Armand Colard: Während meines Ökologiestudiums musste ich mir eine Stelle als Zivildiener suchen. Da habe ich mich bei der Umweltschutzorganisation WWF beworben. Im Bereich Umwelt und Wirtschaft konnte man mir eine Stelle anbieten und da ich mich schon damals sehr für Banken und nachhaltiges Investment interessiert habe, bekam ich den Job. Ich bin zehn Jahre lang geblieben.

Das Thema war immer: Wie kann man Banken und Versicherungen helfen, ihre Produkte nachhaltiger zu machen. Also dass vermehrt nachhaltige Produkte wie grüne Technologien die sozial und ökologisch nicht Nachhaltigen ersetzen.

CHI: Wie kam es, dass du dich überhaupt für Finanzen und Nachhaltigkeit interessiert hast? War das schon immer ein Thema für dich?

Armand Colard: 1999 habe ich in einem Börsenhoch begonnen, mich mit dem Thema Investment auseinanderzusetzen. Im Jahr darauf kam die Weltwirtschaftskrise mit der Dotcom-Blase. Mir wurde klar, dass die Sache nicht wirklich nachhaltig ist, nämlich auch wirtschaftlich gesehen. Als Biologe hab ich dann begonnen, darüber nachzudenken, wie man beide Welten zusammenbringen kann.
Und zwar ohne schlechtes Gewissen dabei die Umwelt zu zerstören oder soziale Missstände auszunützen. Sozusagen ein Best-of Kapitalismus und grünem Gedankengut, wenn man so will.

CHI: Und wie ist dir dieses Best-of gelungen?

Armand Colard: 2005 hab ich mir überlegt, dass es doch möglich sein muss, so etwas wie ein Bio-Finanzprodukt auf den Markt zu bringen. Und das hab ich damals auch dem WWF als Konzept vorgelegt. Es wurde recht rasch an die Erste Bank verkauft. Das gibt es übrigens heute immer noch.

Natürlich könnte man jetzt ganz viele einzelne Bio-Finanzprodukte kreieren, aber das ist sehr aufwändig. Interessanter war da die Frage: Wie können wir ein ganzes Finanzinstitut nachhaltiger machen! So entstand eine Kooperation mit der Allianz Versicherung, bei der wir es geschafft hatten, insgesamt sieben Milliarden Euro Investment nachhaltiger zu machen!

CHI: Wann hast du dich mit deinen Ideen selbstständig gemacht?

Armand Colard: 2015 habe ich mit einem Teil des WWF-Teams die Gelegenheit bekommen, mich mit diesem Thema selbstständig zu machen. Wir haben dazu die ESG Plus gegründet. Als Beratungsfirma für den Finanzsektor, also für Banken und Versicherungen, mit der wir auch das Projekt Cleanvest umsetzen.

CHI: Was war die Idee hinter der Plattform Cleanvest?

Armand Colard: Wir wollten es schaffen, viele solcher Allianz-Erfolge zu feiern. Aber das ist nicht so einfach. Und schließlich geht die Macht vom Konsumenten aus. Aber Anleger haben eben sehr wenig Zugang zu Informationen, meist fehlt es am Branchenverständnis und am Know-how. Die Frage war also: Wie kann man das so einfach herunterbrechen, dass jeder mit wenigen Klicks versteht, worum es geht.

Mit Cleanvest haben wir 2019 also diese Plattform entwickelt, die sich direkt an den Investor wendet. Hier kann man sagen: Ich möchte keine Kinderarbeit, keine Waffen und keine Umweltsünden unterstützen. Und mit drei Klicks kann man da alle Fonds Österreichs so einschränken, dass sie zu diesen Werten passen.

CHI: Wie kommt Cleanvest in der Welt an?

Armand Colard: Die Rückmeldungen von Konsumenten sind überwältigend, auch die Medien haben die neue Plattform und ihre Idee sehr positiv aufgenommen. Der Finanzsektor hat differenziert reagiert (lacht). Viele Fondsgesellschaften verstehen das Konzept, aber natürlich sind manche gerade im kleinen Land Österreich auch nicht gerade begeistert. Einige finden unsere Kriterien zu streng und unsere Toleranzschwelle zu niedrig.

Ja, das stimmt auch: Null Toleranz bei Waffen! Da ist für uns nicht mal ein Prozent okay! Es gibt Unternehmen die verdienen mit ein paar Prozent Umsatz etliche Milliarden Dollar pro Jahr mit Waffengeschäften. Das müssen Konsumenten unserer Meinung einfach wissen, um ihre Entscheidungen zu treffen. Wir messen jeden Fonds nach denselben Maßstäben und das Ergebnis zeigt einfach auf, wie die Konzepte der verschiedenen Gesellschaften sind.

CHI: Was wäre dein wichtigstes Kriterium auf Cleanvest, nach dem du dich entscheiden würdest?

Armand Colard: Hmmm. Nur ein Kriterium? Dann würde ich mir zuerst das Gesamt-Rating ansehen, da muss man ja noch nichts auswählen. Und dann … nur ein Kriterium? … dann würde ich wohl waffenfrei wählen, weil dort das große Geld mit den Kriegen und Konflikten auf dieser Welt verdient wird. Sozusagen Frieden noch vor Klimawandel, obwohl das natürlich wirklich schwierig ist. Denn wenn es mit der Klimakrise so weitergeht, kann es ja auch zu Konflikten kommen, weil die Ressourcen knapper werden. Mir wären also zwei Kriterien sehr wichtig, das wären eben Waffen und Klima.

CHI: Was sind deine persönlichen Kriterien zur Klimakrise im Alltag? Machst du mit deiner Familie alles richtig?

Armand Colard: Ich würde sagen: Alles richtig zu machen geht schwer. Ich finde, man sollte sich bemühen, negative Dinge zu reduzieren und Positives zu verstärken. Allein, wenn man ein- oder zweimal pro Woche weniger Fleisch isst, da muss man noch gar kein Vegetarier oder Veganer werden, das wäre schon sehr hilfreich. Und dafür einfach das teurere Fleisch in Bio-Qualität kauft. Statistisch gesehen wird in Österreich immer noch jeden Tag Fleisch gegessen!

Dann kann man sich natürlich überlegen, was man in der Mobilität tun kann. Mehr mit den Öffis fahren oder die Wege mit dem Auto etwas einschränken, stattdessen Fahrrad zu fahren oder sich mit Elektromobilität anfreunden. Ich bin jetzt sowieso nicht der Shopping-Typ, aber man muss auch nicht jedes Jahr seine gesamte Garderobe wechseln. Ich will damit nicht sagen, dass man nichts mehr kaufen soll, aber eben nicht so viel und bewusster, dafür aber auch hier auf Qualität und Herkunft achten. Mir geht es insgesamt nicht um Einschränkung, sondern eben um Bewusstsein.

CHI: Du hast Elektromobilität angesprochen, das ist ja auch ein kontroverses Thema. Wie stehst du dazu?

Armand Colard: Ich fahre selbst seit ein paar Jahren einen kleinen Renault Zoe. Ja, es stimmt das Thema ist noch nicht so eindeutig sauber, aber eines ist klar — und das bestätigen neben dem ÖAMTC auch schon viele wissenschaftliche Studien —, Elektroautos sind auf jeden Fall von ihrer Ökobilanz her besser, als jedes konventionelle Kraftfahrzeug. Die Probleme mit dem Coltan-Abbau im Kongo beschränken sich ja nicht nur auf die Elektroautos, die betreffen auch jeden Laptop und jedes Smartphone. Das heißt: Hier haben wir generell ein Thema, das gelöst werden muss. Nicht nur für die E-Mobilität.

Bei der Entsorgung der Batterien gibt es auch viel Fehlinformation, denn sie werden nach einer etwa 70-prozentigen Laufzeit im Auto dann an Haushalte als Stromspeicher weitergegeben. Danach werden sie komplett zerlegt und die einzelnen Ressourcen wiederverwertet.

Wir stehen hier ja noch ganz am Anfang einer neuen Technologie, da gibt es noch viel Luft nach oben für Entwicklungen und Lösungen! Ich glaube, dass viele Gegenargumente von Industrien kommen, die sich von dieser Technologie bedroht fühlen. Am besten verzichtet man natürlich überhaupt möglichst oft ganz aufs Auto.

CHI: Bist du mit dem Auto da?

Armand Colard: Nein! (grinst) Öffentlich!

CHI: Tesla-Chef Elon Musk ist überzeugt, dass man mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden die Welt nicht verändern kann. Wieviel arbeitest du?

Armand Colard: (seufzt) Viel mehr als vierzig Stunden! Manchmal fünfzig oder sogar sechzig. Es macht mir Spaß, aber natürlich ist das nicht gesund … doch in der Aufbauzeit eines Unternehmens ist das eben schwer zu vermeiden. Was mir wichtig ist: Wochenenden gehören der Familie und sind tabu!

CHI: Wie holst du dir Ausgleich?

Armand Colard: Dadurch dass mein Job so eine Herzensangelegenheit ist, hab ich nicht viel Bedürfnis nach Ausgleich. Was mir wichtig ist, ist manchmal in einem Kaffeehaus zu sitzen, auf Flugmodus zu schalten und Dinge in Ruhe konzentriert abzuarbeiten. Da kann ich in meiner eigenen Welt sein, die Geräuschkulisse ringsum ist so anonym, dass sie mich nicht berührt.

Und natürlich schöpfe ich Kraft aus den schönen Momenten mit meiner Familie. Was mir gar nicht fehlt ist das Ausgehen. Durch meinen Job sind meine sozialen Batterien ohnehin unter der Woche so aufgeladen, dass ich den Rückzug mit der Familie am Abend und an Wochenenden sehr schätze.

CHI: Früher hast du ja in einer Band gespielt? Wie sieht’s heute mit der Musik aus?

Armand Colard: Heute konsumiere ich sie nur mehr. Nur selten, wenn mir ein Klavier oder eine Gitarre quasi über den Weg läuft, spiele ich vielleicht. Aber eigentlich bin ich vom Produzenten zum Konsumenten geworden.
Beides ist cool!

CHI: Wie geht’s beruflich weiter?

Armand Colard: Mein Fokus liegt heuer auf Deutschland. Statistiken zeigen, dass viele Deutsche gerne nachhaltig investieren wollen. Hier liegt ein großes Aufgabengebiet vor uns. Wenn 2020 in Deutschland erfolgreich ist, werden wir uns weiter in die großen Märkte Europas ausdehnen. Das Endziel ist eine globale Präsenz!

CHI: Dafür wünschen wir dir viel Erfolg! Vielen Dank für das nette und informative Gespräch!

Interview aus CHI # 1
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