Samhain: Totenfest der Kelten

von Marianne Lechner

Wenn die letzten Blätter fallen, die Klänge der Vögel verhallen, wenn die Landschaft hinter Nebelschleiern verschwindet, wenn die Stille sich mit Wiesen und Felder verbindet, wenn die Tage der Dunkelheit Platz nehmen und die Kraft der Erde sich ins Innere begibt, wenn die Welten sich vereinen, und die Ahnen erscheinen, dann steht Samhain vor der Tür.

 

Man geht davon aus, dass dieses Fest, das wir heute vom 30. Oktober auf  1. November feiern, bei unseren Vorfahren einst zum elften Neumond gefeiert wurde, denn die Kelten orientierten sich stets nach dem Mond und der Sonne – sie lebten in Einklang mit dem Atem der Erde. Samhain war für sie kein Fest der Trauer, denn ein Weiterleben nach dem Tod war für sie selbstverständlich. In dieser Nacht feierten die Kelten ihre Ahnen und freuten sich über ihren Besuch. Die Tische wurden üppig gedeckt zum Zeichen der Achtung, Ehre und des Dankes für die Ahnen. Es wurden Feuer entzündet und um Mitternacht verließen die Menschen ihre Häuser.

Samhain ist der Auftakt zur dunkleren Zeit des Jahres.

Die Tage werden kürzer, weshalb die zweite Jahreshälfte als Nachtzeit bezeichnet wird. So heißen beispielsweise auch die Rauhnächte um Weihnachten eben Rauhnächte und nicht -tage, obwohl hier natürlich auch der Tag gemeint ist. Samhain läutet aber gleichzeitig auch den neuen Jahreszyklus im Keltischen ein.

Der Legende nach tritt der Gott des Winters jetzt seine Herrschaft an und verbannt Frau Holle, die Vegetationsgöttin, in die Unterwelt. Sie nimmt die ganze Lebenskraft, die Samen, mit in die Tiefe der Erde und hütet diese. Die Kraft des Lebens kann sich regenerieren und erneuern, um dann im Frühling wieder neu zu erwachen. Die Kelten wussten, wie man in Einklang mit der Natur lebte, sie hörten den Atmen, den Pulsschlag der Erde, und richteten ihr ganzes Sein danach aus.
Sie stimmen in das Lied von Mutter Erde ein und ließen es harmonisch erklingen. Sie wussten, wie wichtig es war, zu schaffen, aber auch zu ruhen. Etwas, das die westliche Welt leider nur allzuoft vergessen und verlernt hat. Viele Menschen sind heutzutage nicht mehr fähig zu hören, zu fühlen und sich einzuschwingen. Wie verwundert sind sie, wenn Mutter Erde dies dann aufzeigt.

Der Wintergott schmückte sein Haupt mit immergrünen Zweigen von Tanne, Fichte und Mistel, um das ewige Leben mit durch den Winter zu nehmen. Auch heute noch werden Häuser und Wohnraum mit jenen Immergrünen geschmückt. Das sieht nicht nur hübsch aus, sondern ist eben auch Symbol dafür, dass das Leben nie endet, sondern nur Stationen durchläuft.

Samhain – der keltische Jahreswechsel

Unsere keltischen Vorfahren feierten mit Samhain den Übergang von Altem zu Neuem und damit den Beginn eines neuen Jahres. Das alte Jahr wird auf der nächsthöheren Stufe wiedergeboren, und in
der Dunkelheit entfaltet sich ein neuer Zyklus, wie Sigrid Csurda-Steinwender in ihrem Buch
„Räuchern, Raunacht, Rituale“ schreibt.

Ritualtipp für Samhain

Rituale geben uns Halt, setzen Anker, lassen uns zur Ruhe kommen, helfen uns dabei, aus der Hektik des Alltags aus- und in den Takt von Mutter Erde einzusteigen. Die besten Rituale für solche Anlässe sind jene, die aus uns selbst entspringen.

Marianne Lechner hat beispielsweise einen Ahnenaltar in ihrem Garten errichtet. „Dort entzünde ich immer eine Kerze, so auch zu Samhain. Ich lege Gaben wie Kekse und Kaffee für meinen Papa dort nieder.” Vielleicht magst du ein Feuer und/oder Kerzen entzünden, dich dazu hinsetzen, räuchern, beten, danken, singen, horchen ….

Lass das aus dir fließen was da ist, sei kreativ und mit deinem Herzen verbunden, dann wird es Himmel und Erde erreichen und berühren und dein Innerstes zutiefst bereichern.

Jetzt ist Loslassen angesagt!

Loslassen von Dingen mit emotionalem Bezug ist eine schwierige Aufgabe. Die Energie von Samhain unterstützt dabei besonders gut. Diese Fragen können dabei hilfreich sein: Was tut mir noch gut? Was darf und will ich weggeben? Behalte ich die Erinnerung und lasse diesen Gegenstand gehen?

Räucher-Ritual: Dankbar loslassen
In ihrem Buch empfiehlt Sigrid Csurda-Steinwender ein besonderes Räucherritual zu Samhain. Jetzt kann man sich gut in Dankbarkeit mit seinen Ahnen sowie seinen Wurzeln verbinden. Erlebe dich dabei in Geborgenheit innerhalb deiner Familie oder deinem Freundeskreis. Nimm auch deinen Körper als dein Zuhause wahr und danke ihm. Dieses Ritual ist gut geeignet, um zu vergeben oder um Verzeihung zu bitten. Sei dankbar für alles was war, was ist und was kommen mag.

Die Räucher-Expertin Angela Binder von LebensQi empfiehlt Wurzeln von Eibe, Iris, Angelika, Beifuß und Baldrian sowie schwarzer Copal, Holunder und auch Eisenkraut eignen sich traditionell für Räucherungen zu Samhain.

Wir wünschen Dir einen gesegneten Start in die dunkle Jahreszeit und ein wundervolles, bereicherndes und verbundenes Samhain. Mögest du den inneren Reichtum, den sie dir bietet, erkennen und annehmen.

Aus CHI September 2020
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