Naturerlebnis: Falbi, der Weg und ich

von Magy Bernhard

Auch wenn die Zeiten dieses großen Wandels uns immer wieder viel Kraft abverlangen – der Weg in die Natur stärkt uns und versorgt uns mit Zuversicht und neuer Kraft. Sehr eindrucksvoll zeigt dies das besondere Naturerlebnis von Magy Bernhard.

Was für ein Tag! Die Frühlingssonne zaubert Seide auf Wald und Wiesen. Der Wind hält sich vornehm zurück. Wenn man ihn spürt, dann kann er heute weich und schmeichlerisch sein. Ich bin alleine unterwegs. Ein unfreiwilliges Geschenk. Dank Corona.

Nur mit mir wandern, bedeutet bei mir zu sein, bei meinen „Wie viele bin ich denn heute“. Und dann immer wieder zu diskutieren. Nach der ersten halben Stunde innerlicher Streitgespräche flacht der Dialog ein wenig ab, meine Sinne sind geschärfter und der Geist – oder das was meine, jetzt wieder vereinte Person dafür hält, darf ausschwingen. Ich setzte mich unter eine Birke und lass den Augen ihren Eigen-Sinn. Direkt über mir sitzt ein Buchfink. Völlig Corona-uninteressiert tiriliert er seine kräftige Tonfolge. Immer ein wenig unterschiedlich, halt nur ein wenig, aber doch und kräftig, lebensfroh. Das ist das erste Zeichen an diesem Tag.

Ich gehe weiter, vorbei an verstreuten Höfen, entlang von Wiesen, denen man stellenweise den Winter noch ansieht. Vor mir ein langgezogener Hochwald, vor allem Fichten, ein paar Buchen und Eichen an den Rändern, Lärchen und am schmalen Bächlein Weiden und Haselstauden. Typisch Mühlviertler Hochland. Es plätschert mächtig, das ist Frühlingsmusik. Hinter mir heftiges Schnaufen und dann gatschen Reifen, ein freundliches „Hallo!“ eines Fatbikers (nein, das ist kein übergewichtiger Radfahrer, sondern einer mit sehr wuchtiger Bereifung), bevor dieser an mir vorbeirollt. Das ist das nächste Zeichen an diesem Tag.

Der Wald ist lautstärkst vogelbezwitschert. Vor mir am Weg ein Hase. In der Position sitting and waiting. Er lässt mich nahekommen und hoppelt dann sicherheitshalber ins Unterholz. Schon wieder ein Zeichen? Ja, heute wollte ich sie sehen…

Mitten im Wald ein kleiner Teich mit Lichtung und speisendem Bächlein. Das hohe bleiche Gras vom Vorjahr scheint von der Sonne belebt zu werden. Was für ein friedlicher Platz für Wyda-Übungen! Ganz langsam und voll Intensität genieße ich meinen Zyklus. Wäre ich eine Katze, würde ich nun schnurren.

Langsam öffne ich meine Augen und staune nicht schlecht, als ich eine zarte Falben-Fee oder Wasser-Elfe vor mir stehen sehe. Sie bedeutet mir mit leichtem Kopfnicken, dass ich ihr folgen soll. Ein paar Schritte zum Teich und sie führt einen ihrer zarten langen Finger auf die Wasseroberfläche. Die Elfe – ich habe mich für die Elfe entschieden – ist lichtdurchwirkt und ihre Farbe dem hellen, hohen Gras entlehnt, falbig eben. Spannend ist auch, dass sie Kurzhaarfrisur und eine Art Overall trägt. Ich denke noch kurz darüber nach und blizzz kommt die Gedankenbotschaft von Falbi, so nenne ich sie, zu mir: „Du wunderst Dich, dass ich nicht aussehe, wie eine der Feen aus Deinen Kinderbüchern? Ganz einfach: Ernste Menschen erfahren ernste Geistwesen, konservative klassische Geister und humorvolle ebenfalls das, was sie als Geistwesen nehmen können. Ihr Menschen zieht quasi Kostüm und Maske über uns, bevor Ihr uns sehen könnt.” Wir lächeln uns an. Sprache über Gedanken und Gefühle.

Wir beide – Falbi und ich – sind direkt am Wasser, sie macht seltsame Kreise auf die Oberfläche und steht auch bereits im Teich – noch immer durchscheinend, lichthaft. Die Elemente scheinen ihr egal zu sein. Sie berühren und betreffen sie nicht. Lebt außerhalb unserer Physik. Falbi nickt – meine Überlegung scheint zu stimmen und sie zu amüsieren. Sie bedeutet mir, näher zu kommen. Goldige Frühlingssonne auf ihrem Kopf, auf meinem Gesicht und strahlend grell auf der eingekreisten Wasseroberfläche.

Und Touch – sie berührt den gleißenden Spiegel, den sie selbst geschaffen hat und schon scheint „Zurück in die Zukunft“, „Das 5.Element“ und „Avatar“ in hohem Tempo abzulaufen. Und wir beide mittendrin. Zurück geht’s in der Menschheitsgeschichte, vorbei an viel Dunkelheit und Glanz, hin zu den göttlichen Menschen, die als erste eine Verbindung zu uns darstellten. Das Zeitenkino rast an uns vorbei oder wir daran, so klar ist das nicht zu fassen. Jedenfalls geht alles mühelos. Ich versuche instinktiv die Verbindung zu Falbi zu halten, Wollen reicht, Händchenhalten nicht nötig!

Ein weicher Stop bei den ehrwürdigen Tuatha de Danann, sie erscheinen in feinseidigem Aufzug, herrliche Lichtgestalten mit zeitlos überwältigender Ästhetik. Sie weisen mit den Armen zu einem Pfad, der geradewegs in die scheinbare Unendlichkeit verläuft. Linker Hand eine rötliche Einöde, ähnlich dem australischen Outback, rechts des Pfades ein undurchdringliches grünes Dickicht.

Falbi bewegt sich und mich zum Beginn des Pfades und zeigt mir, wie man sich langsam über das Gelände bewegt – wir steigen sachte auf – wie eine selbststeuernde Drohne – na servas, was ich hier zu sehen bekomme, reizt mich zu einem spontanen Lachanfall. Nicht weit vom sichtbaren schnurgeraden Pfad verläuft mäandernd im Dickicht ein anderer Pfad. Er führt um riesige Bäume herum, an tosenden Schluchten vorbei, entlang von weiten Feldern und hohen Gipfeln. Und daneben gibt es wieder einen Pfad und noch einen und noch einen und alle schlängeln sich um die spannendsten und feinsten wilden Gebirge, Urwälder, blühenden Ebenen und blaugrünen Seen, Wasserfälle und Wiesen, manchmal eine kleine Einöde, eine riesige Wüste und dann wieder Shangrilaaaa! So ist das also, wir haben unendliche Möglichkeiten. Aber das mit dem Entscheiden ist nicht immer so unsere Sache…

Während ich noch völlig hingerissen an der Seite von Falbi aus der Vogelperspektive die unendlich bunte Natur in mich reinsauge, die zahllosen Pfade entdecke, mein körperloses Schweben genieße – Pling! Die Landung hätte endgültiger nicht sein können. Mein Hinterteil platscht an den Teichrand, die Füße im Wasser, die Sonnenbrille neben mir im Gras und ich ziemlich ratlos und ein wenig betüdelt. Falbi? Weg!

Uff, Sonnenstich im Frühling oder doch eine Reise zu Feinstofflern? Ich habe keine Ahnung. Wie dem auch immer sei, die (Traum-)Reise war herrlich. Und natürlich haben wir Menschleins eine Wahl. Es liegt an uns, unsere kleine umgebende Welt mit freudiger Neugier zu betrachten und zu lieben. Und damit das Sonnige, das Lichte zu stärken. Macht Sinn.

Auf bald, Falbi! Und zieh Dir das nächste Mal was Oranges an, das passt Dir sicher noch besser!

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