Kriegszustand im Körper – was hilft?

von Renate Neuhold

Ich weiß noch, wie ich in den 80er Jahren auf Friedensdemos mitgegangen bin: gegen Aufrüstung, gegen atomares Wettrüsten, gegen permanentes Ost-West-Kalter Krieg-Säbelrasseln. Und ich war glücklich, als sich rund um das Jahr 1989 der Osten geöffnet hat und in Folge die Trennung in Ostblock und Westen mehr oder weniger Geschichte war.

Europa hat sich neu sortiert – interessante eigenständige und souveräne Staaten mit eigener Kultur und Sprache durften (wieder) entstehen. Alle konnten reisen, Freiheit und Frieden leben. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich gedacht, dass wir in Europa tatsächlich wieder Krieg erleben werden. Wie es mir damit geht? Nun ja. Es stresst mich.

Ich war (und bin noch immer) fassungslos. Dann habe ich bemerkt, wie mir diese Situation unter die Haut geht. Ich habe meine Furcht gespürt: „Was, wenn es sich ausweitet“, „Was würde ich tun, wenn es uns betrifft?“ „Wohin würde ich fliehen können und wollen?“ Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich mein Leben „normal“ weiterleben kann, Pläne schmiede. Ich habe schlecht geschlafen, war nachdenklich, ängstlich, und im Mitgefühl für alle betroffenen Menschen. Natürlich war ich auch wütend. Ich habe eine große Palette an starken Emotionen durchlebt.

Ich erzähle dir das, um dir klarzumachen, dass ich (und vielleicht auch du) durch diese bedrohliche Situation im Außen hochgradig gestresst bin. Das Gehirn erkennt durch die Reize, die es bekommt, die mögliche Gefahr und bereitet demensprechend Programme und Prozesse zu unserem Schutz vor.

Das heißt konkret, dass der Körper gerade auf Hochalarm unterwegs ist, also Adrenalin und Kortisol ausschüttet und viel Energie bereitstellt, um sich für eine Gefahrensituation zu rüsten. Und dem Gehirn ist es egal, ob wir nur daran denken, etwas sehen, lesen oder tatsächlich in einem Kriegsgebiet sind. Wir werden auf „fight-or-flight“ vorbereitet. Da wir aktuell viel mit Kriegsinformationen und Dramatik umgehen müssen, möchte ich dir ein paar Tipps geben, die mir geholfen haben.

Was kannst du für dich tun?

Atmen und Meditieren

Tatsächlich sorgt das tiefe und ruhige Atmen dafür, dass unser Körper sowie unsere Gedanken und Emotionen entspannen. Dieses „Augen-schließen und zur Ruhe kommen“ gibt das Signal, dass die Alarmbereitschaft zurückgefahren werden kann. Es öffnet auch die Hirnschranke wieder (bei Stress = nur mehr Instinkt), damit wir situationsangemessen denken und handeln können.

Medien-Detox

Auch wenn es dir vielleicht schwerfällt, weil du informiert bleiben willst: Reduziere die Aufnahme von (Kriegs-)Nachrichten. Wenn du merkst, dass dich diese Informationen stressen und in Unruhe versetzen, dann lies/schau/höre nicht weiter. Mach immer wieder mal einen Tag (Social) Media-Pause, um dein System zu „entstressen“, indem du gut für dich sorgst und zur Ruhe kommst. Bitte auch andere Menschen in deinem Umfeld, nicht ständig über Krieg zu sprechen, wenn dich das stresst. Halte inne, atme durch, wenn du in Situationen bist, wo man dich mit negativen News überrascht. Lass dich nicht auf diese Gespräche ein, wenn du das nicht willst. Kommuniziere das auch respektvoll.

Selfcare

Aktuell braucht es das besonders, um in unserer Kraft zu bleiben. Ich habe hier ein paar Anregungen für dich:

  • Sorge regelmäßig für ENT-spannung. In stressigen Situationen neigen wir dazu, die Schultern hochzuziehen, unsere Haltung zu vernachlässigen, zu flach zu atmen. Übungen, die du ganz leicht in deinen Alltag einbauen kannst, findest du hier.
  • Bestimme schon am Morgen, welche Energie dich begleiten soll. Sprich dir zum Beispiel laut oder im Geiste vor: „Ich richte mich heute auf Frieden und Liebe aus.“ Dieses Mantra darf dich den ganzen Tag begleiten.
  • Mantras sind generell sehr wichtige Sätze. Wenn Du bemerkst, dass sich deine Gedanken sich ständig im Kreis drehen, dann kann ein Mantra deine Gedanken einfangen und dich aus diesen Emotions-Spiralen in ruhigere Gefühlswasser geleiten. Das funktioniert auch beim Lesen und Lernen, weil wir das Gehirn „ablenken“ und fokussieren. Mein Mantra-Kartenset liefert dir dazu Anregung.
  • Achtsamkeit: Achte auf deine Worte und auf deine Haltung. Wie bist du zu deinem Umfeld? Friedlich und liebevoll oder noch immer am Verurteilen und Bewerten? Machst du dich über andere lustig? Wie denkst du über andere und ihr Verhalten? Zeigst du mit dem Finger auf sie? Benimmst du dich herablassend? Ausgrenzend? Beobachte dich und verändere dein Verhalten, wo es notwendig ist. Aber verurteile dich nicht dafür, wenn du bemerkst, dass du in Wort und Tat nicht friedlich/liebevoll warst. Beglückwünsche dich, dass es dir aufgefallen ist, dass du achtsam warst und mach es beim nächsten Mal besser.
  • Hilf jenen, die grade deine Hilfe brauchen. Das trägt zu einem Gemeinschaftsgefühl bei und stärkt die Solidarität. Als soziale Wesen brauchen wir dieses (Mit)Gefühl. Egal was du tun kannst oder willst (Spenden, Arbeitskraft…). Achte dabei weiterhin darauf, dich nicht zusätzlich zu stressen. Es soll sich gut anfühlen.
  • Umgib dich mit Menschen und Dingen, die dir guttun.

Wenn es dir schwerfällt, aus der Stress-Spirale auszusteigen, helfe ich dir gerne weiter!

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