Krebs: Kraft schöpfen mit Psychoonkologie

Die Suche nach dem inneren Garten

Die Diagnose Krebs gehört wohl zu den übelsten Nachrichten, die man sich vorstellen kann. Schlagartig ist das Leben von einer Sekunde auf die nächste nicht mehr das, was es gerade eben noch war.

 

Auch wenn die Reaktionen von Betroffenen unterschiedlich sind ‒ ein Stressfaktor ist sie allemal. Und das nicht nur für die Erkrankten selbst, sondern ebenso für ihre Angehörigen. Doch wer fängt einen in einer solch belastenden Lebenslage auf, wenn der Boden droht, unter den Füßen wegzurutschen?

Lebens- und Sozialberaterin Monika Gundinger ist als Coach und Psychoonkologin speziell für eine solch schwierige Situation ausgebildet und unterstützt Betroffene und ihre Familien mit einem ganzen Potpourri an hilfreichen Instrumenten. „So individuell wir Menschen sind, so unterschiedlich ist, was weiterhilft“, weiß die erfahrene Beraterin. „In jedem Fall geht es aber darum, die Lebensqualität zu erhöhen.“

Das kann auf vielfältige Weise geschehen, die viel Fingerspitzengefühl erfordert. „Der oder die Betroffene steht ganz im Zentrum meiner Begleitung. Seine Wünsche und seine Bedürfnisse sind es, die zählen. Das ist für Angehörige nicht immer einfach“, erzählt die Therapeutin von ihren langjährigen Erfahrungen. „So kann jemand etwa eine schulmedizinische Behandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung ablehnen, seine Angehörigen sehen das aber als heilsame Lösung. Das schafft zusätzliche Spannungen, die Erkrankte noch mehr belasten. Oft leidet die nahe Verwandtschaft mehr, als die Betroffenen selbst.“ Monika Gundinger wird dann zur mitfühlenden Vermittlerin zwischen den Welten, die meist von Angst beherrscht sind. Für viele Menschen ist es schwierig, mit den aufkeimenden starken Gefühlen von Trauer, Verlustangst, Wut und Ohnmacht umzugehen. Hier kann die kompetente Beratung in Form der Psychoonkologie nicht nur höchst hilfreich sein, sondern sie birgt auch große Chancen. Beziehungen können durch den Schock der Diagnose enger werden, wenn man sich traut, über seine Ängste zu sprechen. Das kann die Verbindung auf ganz besondere Weise noch stärken.

„Unter dem Druck, den die Diagnose Krebs auslöst, erkennen viele Menschen, wo etwas in ihrem Leben nicht (mehr) stimmt. Manche entdecken vielleicht, dass ihr Job sie langweilt oder stresst, dass sie lieber einer Berufung nachgehen würden, aber sich bisher einen Spurwechsel nicht zugetraut haben. Andere sind nicht mehr bereit, in einer mittelmäßigen Beziehung zu verharren, und finden in der bedrohlichen Lebenssituation überraschend die Kraft, sich vom Partner zu lösen“, berichtet die Expertin aus ihrem Schatzkästchen des Erlebten.

Sie sieht es als ihre vorderste Aufgabe, Krebspatienten darin zu unterstützen, ihren Herzensweg zu finden und zu gehen. Sie ermuntert und bestärkt, stellt Fragen, die zum Nachdenken anregen und ist interessierte geduldige Zuhörerin, wenn ihr die tiefsten Wünsche und geheimsten Gedanken anvertraut werden. „Das Leben findet jetzt statt“, weiß die dreifache Mama aus eigener Erfahrung, die nicht immer frei von Leid war. Hat sie doch erst der frühe Tod ihrer Mutter auf die Fährte der Psychoonkologie geführt.

Bei ihrer Diagnose Brustkrebs prognostizierten die Mediziner damals eine Lebenserwartung von etwa einem Jahr. „Meine Mutter lebte noch fünf weitere Jahre“, erzählt Monika Gundinger. „Und nachdem ich gelernt hatte, mich dem Schmerz dieses Verlustes zu stellen, hat mich brennend interessiert, warum manche Menschen diese Prognosen so weit übertreffen, andere sogar wider Erwarten gänzlich geheilt werden.“

So fand die Waldviertlerin zur Psychoonkologie oder auch Psychosozialen Onkologie. Die Ausbildung erwies sich als wunderbare Ergänzung zu ihren Diplomausbildungen als Coach, Lebens- und Sozialberaterin und Trauerbegleiterin und erweitert nun ihr Spektrum deutlich. „Es ist schon eine besondere Herausforderung, Menschen, die dem Tod ins Auge blicken und oft starr vor Angst sind, wieder zu neuem Lebensmut und Lebensfreude zu begleiten.“

Und auch dazu kann Monika Gundinger von vielen schönen Erlebnissen erzählen. Von Menschen, die allen Mut gefasst und neue Wege eingeschlagen haben, sich aufgerappelt und von der lähmenden Angst befreit haben, um ganz neu durchzustarten. Und von Menschen, die auf diese Weise ihrem Immunsystem einen ordentlichen Ruck verpassen und ihre Zellen so stark zur Regeneration animieren konnten, dass die Prognosen übertroffen wurden und manchmal sogar völlige Heilung entstehen konnte.

Doch wie begleitet man nun jemand zu neuen Wegen, wenn er in seinen Gewohnheiten, Ängsten, Verstrickungen und Mustern feststecken?

Self-Empowerment

„Ich schöpfe aus einem großen Pool an verschiedenen Ansätzen und Experten unterschiedlichster Berufe. Manchmal kann etwas, das einem ziemlich verrückt erscheint wie etwa ein Hubschrauberflug, neue Perspektiven aufzeigen, manchmal ist es ein tiefes Gespräch, ein andermal eine tiefenentspannende Lomi-Lomi-Anwendung, die ich auch in meiner Praxis anbiete. Sanfte Berührung, die plötzlich etwas aus der Seele zu lösen vermag, das die Lebensenergie blockierte. Da gibt es kein richtig und kein falsch, nicht den einen Weg, der zum Ziel führt.“

Anregungen dafür hat die Expertin jedenfalls reichlich im Gepäck, sei es im Bereich von Ernährung, Fitness und Bewegung, Kreativität, Komplementärmedizin, Spiritualität, mentaler Fokussierung oder rund um das soziale Netz Betroffener. Im Coaching können Emotionen wie Angst, Schuld, Trauer und Stress bearbeitet und neue Strategien gefunden werden. „Benötigt ein Thema mehr Aufmerksamkeit, als das Coaching bieten kann, kann ich Empfehlungen zu Fachleuten aus den unterschiedlichsten Bereichen aussprechen, mit denen ich für meine Klienten intensiv vernetzt bin.“

Dabei hängt die Intensität der Begleitung ganz vom individuellen Bedarf ab. „Manchen Klienten reicht ein einziges Gespräch als Initialzündung, andere wünschen sich eine längere Betreuung, die eine Brücke zwischen der Schulmedizin mit ihren oft nicht so leicht verständlichen Fachbegriffen, den Patienten und ihren Angehörigen schlägt.

 

Wichtig ist es für Betroffene, mit sich selbst ganz ins Reine zu kommen, damit alle Beschränkungen, Zurückhaltungen und die sogenannte „gute Erziehung“ fallen dürfen. „Erst wenn der Mensch seinen „inneren Garten“ findet, jenen Platz in seinem Innersten, in dem er sich selbst ganz ungeschminkt erkennen darf und sein kann, was er ist, erst wenn er sich jederzeit dorthin zurückziehen kann, findet er den Mut und die Kraft, seinen eigenen Weg zu gehen“, ist Monika Gundinger überzeugt. „Vermeintliche und tatsächliche Beschränkungen verlieren dann ihre Macht und der Weg zur echten Authentizität wird frei. Das macht etwas mit uns!“



Psycho-Neuro Immunologie

Was und wie viel das tatsächlich mit uns macht, zeigt die relativ junge Wissenschaft der PsychoNeuro-Immunologie, die sich mit den Zusammenhängen von Organsystemen, Persönlichkeit, sozialem Umfeld und der Umwelt befasst und aufzeigt, wie sehr Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung, Sexualität, aber auch Gedanken und Überzeugungen, Umweltverschmutzung und die sozialen Verhältnisse unseren Körper und unsere Gesundheit beeinflussen.

Und hier findet Monika Gundinger nun viele Antworten auf ihre Fragen. Wenngleich sie auf ihrem eigenen Weg auch lernen musste, dass Leben endlich ist und wir den Zeitpunkt seines Endes nicht selbst bestimmen können. Wie schmerzlich es für Angehörige ist, das anzunehmen, weiß Monika Gundinger aus ihrer Erfahrung. Hat sie doch erst vor nicht allzulanger Zeit ihren ältesten Sohn nach langem Kampf gegen seine Krebserkrankung verloren. Dieser erlebte Schmerz der Mutter macht die Arbeit der Therapeutin so besonders empathisch und hilft gleichzeitig ihren Klienten vieles anzunehmen. „Die Tage, die uns für dieses Leben geschenkt werden, sollten wir nicht ungenützt verstreichen lassen. Im Hier und Jetzt zu leben und aus jedem einzelnen Tag das Beste zu machen, ist eine unserer wichtigsten Aufgaben. Egal wie krank oder gesund wir heute sind.“

All das gilt freilich für alle Menschen, wenngleich der Leidensdruck einer schweren Krankheit oft zu einem machtvollen Katalysator wird, der Unglaubliches auf den Weg bringen kann, Prozesse beschleunigt und Veränderungen im Lebensstil schneller voranzutreiben vermag. So ist dann eben oft auch die unerwartete Zellregeneration genauso möglich wie die bekannte „Spontanheilung“. Denn wie Albert Einstein schon wusste und Monika Gundinger zu ihrem Motto auserkoren hat: Inmitten der Schwierigkeiten liegt die Möglichkeit.


MONIKA GUNDINGER ist Lebens- und Sozialberaterin, Coach, Trainerin, Dipl. Imageberaterin, Dipl. Mediatorin, NLP-Master, Kinder- und Jugendcoach, Expertin für Psychoonkologie, Charisma-, Mental- und Gesundheitstraining. Sie ist in freier Praxis in ihrem Institut Vitalis in Horn und in Wien tätig. monika-gundinger.at
Artikel aus CHI #3/20
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